Wohlstandsdemenz – eine gefährliche Krankheit

«Vergissisch nöd ‹Danke› z’säge!», habe ich als Kind oft gehört. Kinder müssen das Danken lernen. Und als Erwachsener merke ich: Wie leicht vergessen ich das Danksagen, besonders gegenüber Gott.

Kurz vor dem Einzug ins verheissene Land erinnerte Mose das Volk Israel: Vergesst nicht, dass alles von Gott kommt. Mose fasst zusammen: «Wenn du isst und satt wirst, dann danke dem Herrn, deinem Gott! Er hat dir dieses gute Land gegeben.» (5. Mose 8,10) Gleichzeitig warnt er: Wohlstand kann gefährlich werden. Die Gefahr heisst Wohlstandsdemenz. Sie befällt den Menschen, wenn er meint: «Meine eigene Kraft hat mir diesen Reichtum verschafft.» (5. Mose 8,17) Das Herz wird überheblich – und Gott wird vergessen.

Diese Krankheit betrifft nicht nur das Volk Israel im Alten Testament, sondern auch uns. Wir haben eine Wohnung, genug Nahrung und leben in Sicherheit. Das sind alles gute Dinge – doch sie werden zur Gefahr, wenn wir dabei Gott vergessen.

Die wirksame Gegenmedizin heisst Erinnern: Israel sollte sich vergegenwärtigen, wie Gott es aus Ägypten befreite, durch die Wüste führte, mit Manna nährte und Wasser schenkte. Nichts war selbstverständlich – alles war geschenkt. Genauso sollen wir uns daran erinnern, dass nichts selbstverständlich ist: Die pünktliche Lohnzahlung, das tägliche Essen, ein Dach über dem Kopf, vielleicht sogar Ferien – das verdanken wir alles Gott.

Aber Gott sorgt noch viel grundlegender für uns: Durch Jesus hat er uns – dich und mich – in seine Geschichte mit hineingenommen. Wer an Jesus glaubt, wird ein Teil des Volkes Gottes (vgl. Gal 3,19-29). Ohne Jesus werden wir von Gott verstossen. Er schenkt uns zwar viele gute Dinge in diesem Leben. Aber wir sind nicht Teil seiner Familie. Wir dürfen ihn nicht Vater nennen. Wir werden die Ruhe und den Frieden nicht kennen, die er nur in Jesus schenkt.

Doch Gott führt Menschen immer wieder an den Punkt, dass sie verstehen: «Ich brauche Jesus! Ohne ihn ist alles Gute im Leben schön, aber inhaltslos. Nur bei Jesus finde ich den Frieden und die Ruhe, nach denen ich mich sehne!» Wenn wir an diesen Punkt kommen, dann erwartet Jesus uns mit offenen Armen. Und dann werden wir auch verstehen, dass letztlich alles von ihm kommt – auch alles andere Gute, das wir im Leben geniessen.

So warnt uns die Geschichte von Mose und dem Volk Israel persönlich vor der Wohlstandsdemenz: «Vergissisch ned ‘Danke’ z’säge!» Einerseits können wir Gott danken für das tägliche Leben, für Arbeit, Wohnung, Gesundheit – all das, was wir oft als selbstverständlich erachten. Andererseits sollten wir aber danken für das Leben, das Gott uns in Jesus schenkt – für die Ruhe und den Frieden, die er uns in ihm gibt.

Pfr. Benjamin Rodriguez Weber

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